Latein am Gymnasium Delbrück
Der Nachweis einer zweiten Fremdsprache ist in unserem Bildungssystem eine Bedingung für die allgemeine Hochschulreife. Mit Latein und Französisch bietet das Gymnasium Delbrück ab der 7. Klasse zwei Wege zum Erwerb einer zweiten Fremdsprache (zusätzlich zu Englisch) an.
Latein ist im Gegensatz zu den modernen Fremdsprachen Englisch oder Französisch eine Korpussprache, das heißt, wir untersuchen im Lateinunterricht eine Sprache, die sich nicht mehr verändert, und deren Texte einen im Wesentlichen abgeschlossenen Bestand bilden.
Unser Augenmerk liegt nicht wie in den modernen Fremdsprachen auf Kommunikation in der Sprache, sondern auf Kommunikation über die Sprache. Unser Ziel ist es, zu verstehen wie Sprache – die lateinische aber darüber hinaus Sprache überhaupt – funktioniert.
Dabei verfolgen wir drei Anliegen:
A: Das Analysieren von sprachlichen Äußerungen
Wir wollen die Regeln entdecken, die es möglich machen, dass wir uns durch aneinandergereihte Laute einem anderen Menschen mitteilen.
Das verdeutlichen drei Beispiele aus dem Deutschen: Er lacht ist eine andere Information als er lacht-e. Durch das Anfügen eines Signals, hier – e, haben wir die Zeitstufe verändert.
Auto und Auto-s ist nicht dasselbe. Offenbar ist das –s ein Signal für Mehrzahl.
Ob der Hund den Briefträger beißt oder den Hund der Briefträger: kleine Signale machen den Unterschied zwischen Täter und Opfer aus.
Der Lateinunterricht ist der Ort, an dem über das Funktionieren von Sprache nachgedacht wird, und an dem wir unsere Sprache mit einer anderen vergleichen.
Dabei arbeiten wir mit modernen Lehrwerken, die auch digitale Unterrichtsformen unterstützen. Wir bereiten SuS durch kompetenzorientierte Diagnosebögen auf die schriftlichen Prüfungen vor und geben ihnen dabei individuelle Rückmeldungen und Übungsmöglichkeiten.
B: Die inhaltliche Auseinandersetzung mit einer uns in vielen Dingen fremden gesellschaftlichen Realität
Das Bild zeigt Unterricht für zwei römische Schüler bei einem Privatlehrer – nicht ganz so sieht unser Lateinunterricht aus!
An den Texten, die wir uns erarbeiten, lernen wir eine andere Gesellschaft und Zeit kennen. Wenn in Latein “heiraten” heißt “in matrimonium ducere” kann man daran sehr gut Betrachtungen über Rollenverständnis in unserer Gesellschaft anknüpfen. Wenn richtiges Verhalten in Rom einfach “virtus”, also “Mann-sein” genannt wird, fragen wir uns: wann ist der Mann ein Mann?
Wir lernen über das Leben reicher und armer Leute, von Gladiatoren, Bauern, Sklaven, Soldaten, Beamten, Dichtern und Schurken. Obwohl die Vorstellungen über Religion oder Naturwissenschaften zwischen Antike und Moderne stark auseinanderliegen, erstaunt es doch, wie völlig gleich sich Liebeskummer oder politischer Ehrgeiz vor 2000 Jahren und heute ausdrücken.
So ist der Lateinunterricht immer lebensweltbezogen. Er vermittelt die Einsicht in eine gemeinsame kulturelle Wurzel Europas und hilft bei Orientierung in einer globaler werdenden Welt.
Lateinunterricht verhilft zu Einblicken in die Geschichte, zur Diskussion über Wertvorstellungen und lässt die Abhängigkeit unserer Kultur von ihren Wurzeln verstehen.
C: Das Einüben einer selbstgesteuerten, aktiven Arbeitshaltung und die Förderung der Bereitschaft zu ausdauerndem Lernen
Latein verlangt – wie auch Französisch – ein hohes Maß an Einsatz, memorierendem Lernen und selbstorganisiertem Bearbeiten von Aufgaben.
Es wird Genauigkeit beim Hinsehen verlangt (lache oder lachte) und beim Übersetzen ins Deutsche wird auch Wert auf korrekten Ausdruck in der Muttersprache gelegt.
Das ist unser drittes Anliegen: Arbeitshaltung entwickeln, Selbstdisziplin fördern, Fleiß und Einsatzbereitschaft trainieren. Diese Eigenschaften führen SuS letztlich zu nachhaltigem Arbeiten.
Dafür liefert der Lateinunterricht auch das intellektuelle Vergnügen, eine anspruchsvolle Aufgabe gelöst, einen zunächst unverständlich scheinenden Text verstanden und eine Struktur analysiert zu haben. Etwas zu begreifen – das macht Freude.
So sieht der Unterricht aus:
Die zentrale Unterrichtssprache ist Deutsch. Im Lateinunterricht sprechen wir ÜBER die Sprache anstatt uns IN einer Fremdsprache auszudrücken.
Die Arbeitsformen umfassen Gruppenarbeit, Einzelarbeit und Projektarbeit. Vorträge werden gehalten, Berichte verfasst und Übersetzungen und Übungen angefertigt. Grammatikübungen, Vokabeltests und Arbeiten helfen den individuellen Lernstand zu diagnostizieren und Lern- und Förderempfehlungen individuell anzupassen.
Latinum:
Wird Latein über die Sekundarstufe I hinaus noch ein weiteres Jahr mit Erfolg belegt, erwerben Schülerinnen und Schüler das Latinum.
Das Merkblatt des Schulministeriums zum Latinum kann hier heruntergeladen werden.