„Eines möchte ich den Theologen sagen: Sie bewahren eine Wahrheit, die tiefer reicht als die Wahrheit der Wissenschaft, auf der das Atomzeitalter beruht. Sie bewahren ein Wissen vom Wesen des Menschen, das tiefer wurzelt als die Rationalität der Neuzeit. Der Augenblick kommt unweigerlich, in dem man, wenn das Planen scheitert, nach dieser Wahrheit fragt und fragen wird.“
(Carl Friedrich von Weizsäcker, Physiker und Philosoph)
Dieses Zitat Carl Friedrich von Weizsäckers gilt nicht nur für die Theologie (= Wissenschaft von Gott), sondern gerade auch für den Religionsunterricht. Das Fach Religion ist nämlich das Fach der großen Fragen: Welchen Sinn hat mein Leben? Wer bin ich? Woher kommt die Welt, welches Ziel und welchen Sinn hat sie? Wo ist mein Platz in dieser Welt? Gibt es etwas, was uns trägt und was uns niemals verzweifeln lässt? Wem sind wir für unsere Taten letztlich verantwortlich?
Im Religionsunterricht geht es „zur Sache“, es geht um die zentralen Fragen, die wir als Menschen stellen, es geht „um’s Ganze“. Aber auch die entscheidenden Situationen und Erfahrungen des Lebens werden im Religionsunterricht zur Sprache gebracht und aus dem christlichen Glauben gedeutet: Geburt – Tod – Hoffnung – Liebe – Freundschaft – Angst – Glück – Leid – Zufall – Vertrauen – Gut – Böse.
Vor allem geht es im Religionsunterricht aber um den Menschen. Moderne Naturwissenschaften, Technik und Wirtschaft haben unser Leben in vielerlei Hinsicht schöner und bequemer gemacht. Die meisten Menschen aber merken gar nicht, dass sich ihr ganzes Denken am naturwissenschaftlichen Weltbild orientiert. Viele erkennen nur das als wahr und wirklich an, was man messen und beweisen kann, für einige zählt nur noch der Wohlstand und der Konsum, nur das, was „auf der Hand liegt“. Dabei können alle erfahren, dass die ganze Wirklichkeit größer ist als die sichtbare und messbare Welt und dass der Sinn des Lebens nicht im Produzieren und im Konsumieren liegt. Es gibt noch etwas anderes. Der Religionsunterricht weist darauf hin, dass nicht sofort erkennbare Dinge erfahren werden können.
Es geht aber vor allem darum, dass du auf dem Weg zu deiner Selbstfindung Unterstützung erfährst, dass dir eine Orientierung geboten wird, die dich vor den Manipulationen der Umwelt schützt. Der Religionsunterricht hilft dir, dich unabhängig von herrschenden Denkmustern zu orientieren und zu verständigen. Du sollst verschiedene Wege kennenlernen, dir das Leben und die Welt zu erschließen. Dazu sollst du mit den geistigen Überlieferungen vertraut gemacht werden, die unsere Gesellschaft, Kultur und Umwelt bis heute geprägt haben. Der Religionsunterricht weckt und reflektiert die Frage nach Gott, nach der Deutung der Welt, nach dem Sinn und Wert des Lebens, nach den Normen für das Handeln des Menschen und er stellt Antworten vor. Der Religionsunterricht macht mit der Person Jesu vertraut, befähigt zu persönlicher Entscheidung in der Auseinandersetzung mit Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen und fördert Verständnis und Toleranz gegenüber anderen Entscheidungen.
Im Unterricht werden dazu nicht nur grundlegende Bibeltexte gelesen und ausgelegt, sondern auch neue Medien kritisch zum Unterrichtsgegenstand gemacht: Filme und Bilder, der Umgang mit dem Internet, um nur zwei Beispiele zu nennen, haben ihren festen Platz im Religionsunterricht, ebenso wie die Freiarbeit und projektartige Unterrichtsvorhaben.